Politischer Gegenwind schwächt Bürgerenergie existenziell

Berlin, 29.01.2015: Nachdem Bürgerenergie sich über Jahre hinweg gut entwickelt hat und zum tragenden Pfeiler der Energiewende wurde, brach die Zahl der Gründungen von Bürgerenergiegenossenschaften in 2014 ein. Das Bündnis Bürgerenergie macht dafür die Energiepolitik der Bundesregierung verantwortlich und befürchtet angesichts der gestern beschlossenen Einführung von Solarenergie-Ausschreibungen, dass Bürgerenergie schweren Zeiten entgegen geht.

Im Jahr 2014 sind nur noch 29Bürgerenergiegenossenschaften gegründet worden. Das ist ein Einbruch auf gut ein Vierteldes Vorjahresniveaus, wie eine Untersuchung von Wissenschaftlern der Universität Erfurt und der Leuphana Universität Lüneburg für das Bündnis Bürgerenergie ergibt. 2013 lag die Zahl der Neugründungen bei 104. 2012 waren es noch 183.

Für das Bündnis Bürgerenergie liegt der Grund für diesen drastischen Einbruch bei den Neugründungen, aber auch bei neuen Projekten bereits vorhandenerBürgerenergiegesellschaften, auf der Hand: „Die Politik der Bundesregierung in den letzten Monaten ist eine Katastrophe für die Bürgerenergie. Es begann mit dem Kapitalanlagegesetzbuch, das für hohe Verunsicherung und eingeschränkten Handlungsrahmen bei Bürgerenergieakteuren gesorgt hat. Die Novelle des Erneuerbaren-Energien-Gesetzes im letzten Jahr war gespickt mit Benachteiligungen für dezentrale Akteure. Der Anti-
Bürgerenergiekurs findet mit dem aktuellen Entwurf zum sogenannten Kleinanlegerschutzgesetz, das in Wahrheit ein Gesetz zur Verhinderung von bürgerschaftlich organisiertem unternehmerischen Engagement ist, seine Fortsetzung. Mit dem gestrigen Kabinettsbeschluss über die Einführung von Ausschreibungen bei Photovoltaik-Freilandanlagen findet das staatliche Bremsmanöver für die Bürgerenergie einen weiteren traurigen Höhepunkt“, sagt Dr. Thomas Banning, Vorstandsvorsitzender des Bündnis Bürgerenergie.

Die Bundesregierung zwingt Bürgerenergiegesellschaften, die Solaranlagen auf freier Fläche errichten wollen, ab Februar 2015 in einen Wettbewerb mit großen Energiekonzernen und Finanzinvestoren. „Ausschreibungen sind prinzipiell das falsche Mittel in einer nachhaltig ausgerichteten Energiepolitik. Wenn man sie aber dennoch für große Projekte und einen anonymisierten Strommarkt einführen will, dann müssen sie so gestaltet sein, dass auch kleine Projekte - und damit gerade auch bürgergetriebene Projekte vor Ort - noch realisiert werden können. Das Bündnis Bürgerenergie, unabhängige Ökostromanbieter und diverse Experten haben diesbezüglich mehrere Vorschläge unterbreitet. Leider hat die Bundesregierung alle ignoriert. Mit der Verordnung zur Einführung von Ausschreibungen versetzt die Bundesregierung der Bürgerenergie einen weiteren heftigen Nackenschlag“, so Thomas Banning.

Die widrigen politischen Vorgaben schlagen sich nach Erkenntnissen von Wissenschaftlern bereits heute im Gründungs-und Investitionsverhalten von Bürgerenergiegesellschaften nieder. „Unsere Erhebung zeigt, dass viele Menschen, die einen Beitrag zum Ausbau von Erneuerbaren Energien leisten wollen, durch die aktuelle Energiepolitik tief verunsichert werden. Dies erklärt, warum sich die positive Entwicklung zur Gründung von Energiegenossenschaften in den letzten Monaten so deutlich abgeschwächt hat“, sagt Müller von der Universität Erfurt. „Dieser negative Trend steht sinnbildlich für die Verunsicherung der Bürgerenergie-Akteure, also bei Menschen, die sich alleine oder gemeinschaftlich vor Ort für die Energiewende engagierenmöchten“, so Müller.

„Politiker haben sich immer wieder für eine starke Rolle der Bürgerenergie, dem Marktführer der Energiewende, ausgesprochen. Doch es wird nun deutlich, dass es sich dabei umbloße Rhetorik handelt, der keine Taten folgen. Im Gegenteil müssen wir feststellen: Die Bundesregierung hat die Bürgerenergie radikal im Stich gelassen. Als Verfechter einer dezentralen Energiewende werden wir, die engagierten Bürger und der BBEn, uns davon aber nicht entmutigen lassen. Wir arbeiten mit vielen Akteuren daran, der falschen Entwicklung Paroli zu bieten und neue Wege für eine nachhaltige Energieversorgung zu finden“, bekräftigt Thomas Banning.

Hier finden sie die aktuelle Pressemitteilung sowie die Studie als PDF.