Das war der Bürgerenergie-Konvent 2017!

„Wo steht die Bürgerenergie, was erwartet uns - und was ist zu tun?“ Den Titel des Auftakt-Impulsvortrages von Dr. Thomas Banning, Vorstand der Naturstrom AG und Aufsichtsrat beim Bündnis Bürgerenergie, gab zugleich die Leitfrage für das große zweitägige Treffen der Bürgerenergie-Community vor. Banning fand deutliche Worte für die gegenwärtigen Schwierigkeiten der Bürgerenergie: die Politik habe es sich zur Aufgabe gemacht, die Bürgerenergie wo es gehe auszubremsen und Barrikaden aufzubauen.

Die Bürgerenergie sei in der Vergangenheit zu erfolgreich gewesen und gefährde damit die Machtposition der großen Energiekonzerne. Zugleich sei der Klimaschutz in der Politik zu einer hohlen Phrase gemacht worden. Sein Gegenrezept: „Verbündete gewinnen und neue Spielfelder für die Bürgerenergie erschließen.“ In vielen Parteien gebe Personen, die ein offenes Ohr für die Bürgerenergie hätten – diese sollte man gewinnen. Außerdem müsse die Bürgerenergie in Feldern wie z.B. der Entwicklung der Elektromobilität ihre ersten Erfolge rasch ausbauen, um so der Beschränkung durch die Politik einen Schritt voraus zu sein.

aKämpferisch und zuversichtlich zeigte sich in seinem Vortrag der bekannte Jurist Dr. Peter Becker. Der Gründer der Energierechts-Kanzlei Becker Büttner Held zeigte in seinem Vortrag auf, wie die Bürgerenergie mit juristischen Mitteln Fortschritte in der Energiepolitik erreichen könne. Zwei Ratschläge hatte Becker im Gepäck: so sei zweifelhaft, ob das EEG 2017 verfassungsgemäß zustande gekommen sei. Außerdem sei fragwürdig, ob die EEG-Umlage auf Eigenverbrauch korrekt sei. Darüber hinaus sei die Zusammenarbeit aller Akteure der Erneuerbaren und der Verbände notwendig, eine funktionierende nationale CO2-Bepreisung einzuführen.

Für den selbstbestimmten, lokalen Handel mit Energie aus Bürgerhand kommen Signale der Hoffnung aus Brüssel: Wie das „Recht auf Prosum“ die Bürgerenergie stärken kann erklärte Christoph Rasch, Pressesprecher bei Greenpeace Energy eG. Wichtig für Rasch: ein Recht auf Prosum zugesprochen zu bekommen, reicht nicht. Man muss es auch ausüben können. Deshalb habe das Bündnis Bürgerenergie auch eine Studie beauftragt, die zeigen kann, wie in Zukunft Stromhandel zwischen Nachbarn aussehen könne.

 

 

Konvent heißt Zusammenkommen: Workshops und Diskussionen

Der zweite Tag des Konvents stand im Zeichen des Austauschs und der Vernetzung. Mut zur (internationalen) Kooperation machte der Bürgerenergie Josef Göppel, Bürgerenergie-Vorkämpfer und langjähriger CSU-Parlamentarier: mit der Initiative „Grüne Bürgerenergie“ für Afrika gebe es erstmals ein Programm in der europäischen Entwicklungszusammenarbeit, in dem die Bürgerenergie Partnerschaften mit afrikanischen Energie-Initiativen aufbauen könne. Göppels Vortrag trat eine angeregte Diskussion um die Möglichkeiten und Grenzen dieser Kooperation zwischen Europa und Afrika los.

Dann ging es an die Workshops. Die TeilnehmerInnen hatten die Wahl: während die Vorstände der Usedomer Inselwerke eG ihr Konzept eines genossenschaftlichen E-Auto-Ladenetzes (Leitung: Frank Haney und René Tettenborn) vorstellten, diskutierten andere Workshops über eine gemeinwohlorientierte Energiewende in Bürgerhand (Leitung: Horst Leithoff & Beate Petersen), gingen den Mechanismen von Angst in der Energiepolitik nach (Leitung: Wolfgang Siegel) oder nahmen unter dem Motto „Geht uns aus der Sonne!“ die Absurditäten der Energiepolitik in den Blick (Leitung: Daniel Bannasch).

Wichtige Einblicke in lokale Klimaschutzmaßnahmen aus dem Blick von Rolf Weber, Mitinitiator des ersten Klimafolgenaufwand-Berichtes der Stadt Wetter/Ruhr, gaben den TeilnehmerInnen Stoff für zukünftige Diskussionen mit auf den Weg. Weber hat mit Mitstreitern erstmals bilanziert und quantifiziert, welche Kosten der Stadt Wetter für Klimaanpassungsmaßnahmen entstünden. Auf dieser Basis fragte Weber: Auf welcher Basis wird in der deutschen Energiepolitik eigentlich entschieden, die Energiewende abzubremsen?

Manfred Rauschen, Geschäftsführer des Öko-Zentrums NRW, schloss mit seinem Ausblick das Konvent-Programm ab. Rauschen ermutigte die Bürgerenergie-Community in ihren Anstrengungen für eine energiepolitische Transformation. Während zweifellos viel an Gesetzen und staatlicher Regulierung hänge, seien gute Kommunikation und Motivation ebenso entscheidend für den Erfolg. Seine energiepolitisch engagierten Reisen nach Japan, das nach dem Fukushima-Gau 2011 ein riesiges Interesse an Bürgerenergie und unabhängigen Stadtwerken erleben, hätten ihm gezeigt: von Japan lernen heißt Energiewende motiviert vorantreiben.

 

 

 

Verabschiedung der Resolution: Bürgerenergie als tragende Säule der Energiewende

Bleibendes Element der zwei Konvent-Tage ist die Resolution „Bürgerenergie als tragende Säule der Energiewende“. Am Freitag stellte Malte Zieher, Vorstandsmitglied beim Bündnis Bürgerenergie, den Entwurf der Resolution vor. Auf einer Stellwand im Foyer, in der Diskussion mit den Vorständen und im großen Plenum am Samstagvormittag brachten die Konvent-TeilnehmerInnen Änderungswünsche und Ergänzungen ein. Dann wurde abgestimmt und der Text mit großer Mehrheit verabschiedet. Das Ergebnis: der Bürgerenergie-Konvent hat die kommende Bunderegierung aufgerufen, Bürgerenergie als tragende Säule der Energiewende entscheidend zu stärken. Die versammelten TeilnehmerInnen des Konvents rufen die Politik auf, die fundamentale Bedeutung der Bürgerenergie als Form wirtschaftlicher Partizipation an der demokratischen Gesellschaft ernst zu nehmen. Die Resolution fordert von der Bundesregierung die Herstellung fairer Wettbewerbsbedingungen für die Bürgerenergie u.a. durch die Einführung eines CO2-Preises, die Abschaffung der EEG-Umlage auf vor Ort genutzten Strom und die Ermöglichung des Handels zwischen ProsumentInnen.

 Der Vorstandsvorsitzende des Bündnis Bürgerenergie, Martin Rühl, gab sich angesichts der Verabschiedung der Resolution zugleich kämpferisch und zuversichtlich: „Um die Akzeptanz der Energiewende zu erhalten, braucht es dringende Reformen des Energiemarkts. Statt die Bürgerinnen und Bürger durch immer neue bürokratische Pflichten zu gängeln, brauchen sie neue Rechte und Möglichkeiten. Wenn Erzeuger-Verbraucher-Gemeinschaften sich mit ihren Anlagen weitgehend selbst versorgen könnten, würde eine ganz neue Dynamik für die Energiewende entfacht“, so Martin Rühl. „Dabei liegen die Vorteile der Bürgerenergie auf der Hand: Dezentrale Energieversorgung in Bürgerhand stärkt Wirtschaft und Gesellschaft vor Ort, ist weniger anfällig gegenüber Katastrophen und Hackerangriffen und macht die Dekarbonisierung weitgehend unabhängig vom Übertragungsnetzausbau.“ Hier finden Sie die ganze Resolution.