Fortschritte und vertane Chancen im EEG 2023

Heute, am 07.07.2022, hat der Bundestag das EEG 2023 beschlossen. Gegenüber dem Kabinettsentwurf gab es noch jede Menge Änderungen, die der Ausschuss für Wirtschaft und Energie am 05.07. mit den Stimmen von SPD, Bündnis 90/Die Grünen und FDP beschlossen hat. Für die Bürgerenergie gibt es wichtige Änderungen, wenngleich noch viel zu tun bleibt. Eine Bewertung des Gesetzes und eine Zusammenfassung der wichtigsten Beschlüsse für die Bürgerenergie findet ihr am Ende des Artikels. Wir werden weiterhin mit voller Kraft dafür eintreten, dass die Bürgerenergie wichtigste Stütze der Energiewende bleibt. Dafür brauchen wir eure Hilfe und finanzielle Unterstützung. Mit einer Spende könnt ihr dafür sorgen, dass wir lauter und sichtbarer werden – für Klimaschutz von unten und eine lebenswerte Zukunft! Gemeinsam setzen wir uns dafür ein, dass alle Menschen die Solar- und Windpotenziale einfach nutzen können.

Unsere Erfolge im EEG 2023:

  • Die Bürgerenergie ist ab dem Jahr 2023 von den Ausschreibungen befreit! Dies ist ein großer Erfolg unserer Arbeit. Seit das Bündnis Bürgerenergie im Jahr 2014 gegründet wurde, haben wir vor den Ausschreibungen gewarnt und zumindest die Ausnahme für die Bürgerenergie gefordert. Wir sind sehr froh, dass wir diesen Meilenstein nun erreichen konnten. Die Definition der Bürgerenergiegesellschaft ist zwar anspruchsvoll und die Nachweispflichten sind hoch - aber wir haben im parlamentarischen Verfahren dafür gesorgt, dass die Definition auch für die meisten Bestandsgenossenschaften und Bürgerenergieinitiativen passen müsste. Das Beteiligungsgebiet, das alle Postleitzahlengebiete umfasst, die sich ganz oder teilweise im Umkreis von 50 Kilometern um die geplante Anlage befinden, geht ganz eindeutig auf unsere Idee und Initiative zurück. Es ist schön zu sehen, dass unsere Vorschläge ganz konkret aufgegriffen werden. Wir hoffen, dass die Bürgerenergie nun umfassend von den neuen Möglichkeiten Gebrauch macht und die Energiewende von unten voranbringt.

  • Die Abschaffung der EEG-Umlage - das EEG-Konto wird nun vom Bundeshaushalt finanziert - entbürokratisiert die Eigenversorgung für alle Anlagen größer als 30 kWp deutlich. Wir setzen uns aber weiterhin dafür ein, dass endlich die gemeinsame Eigenversorgung eingeführt wird. Und idealerweise sollten nur die Förderkosten von Bestandsanlagen aus dem Bundeshaushalt finanziert werden - damit ein Neuanlagen-EEG beihilfefrei wird.

  • Die 70%-Regel, also die pauschale Begrenzung der maximalen Wirkleistungseinspeisung in Höhe von 70 Prozent der installierten Leistung für alle Anlagen bis 25 kWp, die keine Steuerungseinrichtung zur Reduktion der Einspeiseleistung eingebaut haben, entfällt für Neuanlagen ab dem 1. Januar 2023. Dies ist ein wichtiges Signal, dass jede Kilowattstunde zählt. Noch viel besser wäre es jedoch gewesen, wenn dies auch für Bestandsanlagen gegolten hätte. So müssen z.B. Balkonmodule, die der 70%-Regel bisher zwar formal unterlagen, aber keine Einspeisevergütung in Anspruch nahmen, die aufgrund des Pflichtverstoßes hätte gekürzt werden können, am 01.01.2023 ggf. neu in Betrieb genommen werden, um eine Pönale nach dem neu eingeführtem § 52 Absatz 1 Nr. 1 zu vermeiden.

  • Die Einspeisevergütung bzw. Marktprämie wurde endlich wieder erhöht. Wir finden richtig, dass sich Volleinspeiseanlagen wieder lohnen sollen - für diese wurde eine eigene, höhere Vergütung eingeführt. Allerdings ist der Unterschied zur Überschusseinspeisevergütung recht hoch. Wir hatten uns für ein gleitendes Modell eingesetzt, bei dem die Vergütung mit sinkendem Eigenversorgungsgrad kontinuierlich steigt - dieser Vorschlag kam leider nicht zum Zuge. Im parlamentarischen Verfahren wurde nun eine Regel eingeführt, die sehr viel bürokratischer und teurer ist. Auf einem einzigen Dach können nun, auch innerhalb von 12 Monaten, zwei Photovoltaikanlagen installiert werden, eine als Eigenversorgungs-/Überschusseinspeiseanlage und eine als Volleinspeiseanlage mit höherer Vergütung. Anlagenbetreiber*innen haben also die Möglichkeit, beide Anlagen zum gleichen Zeitpunkt zu errichten. Beide Anlagen müssen allerdings eine eigene Messeinrichtung haben. Bei der Inbetriebnahme der zweiten Anlage muss festgelegt werden, welche Anlage Teil- und welche Volleinspeisung macht. Diese Festlegung kann in jedem Jahr bis zum 1. Dezember für das nächste Jahr geändert werden. Wir hoffen zwar, dass mit dieser Regel die Dächer endlich wieder voll belegt werden - dies wäre allerdings mit unserem Vorschlag sehr viel einfacher und sinnvoller möglich gewesen.

  • Zusätzlich zum EEG hat die Bundesregierung ein Förderprogramm für Bürgerenergiegesellschaften beschlossen. Gefördert werden die Kosten für die Planungs- und Genehmigungsphase von Windenergieanlagen an Land. Bis zu 70% der Kosten für die Planung und Genehmigung von Windenergieprojekten können gefördert werden, jedoch max. 200.000 Euro. Der Zuschuss ist verpflichtend rückzahlbar, wenn eine EEG-Förderung registriert wurde oder wenn ein Zuschlag in einem EEG-Ausschreibungsverfahren erteilt wurde. Der Programmstart ist für das 3. Quartal 2022 vorgesehen. Wir hätten uns jedoch gewünscht, dass das Förderprogramm auch für Solaranlagen gilt.

  • In einem umfassenden Entschließungsantrag hat der Bundestag die Bundesregierung aufgefordert, weitere Reformen anzuschieben. Explizit genannt sind die gemeinsame Eigenversorgung und das Energy Sharing.

Die Leerstellen im EEG 2023:

  • Energy Sharing wird zwar im Entschließungsantrag benannt, bleibt aber vorerst nicht umgesetzt. Es muss endlich möglich gemacht werden, dass Mitglieder von Bürgerenergiegesellschaften den gemeinsam erzeugten Strom auch gemeinsam nutzen können. Dies gebietet auch das Europarecht.

  • Die Eigenversorgung bleibt weiterhin auf Individuen beschränkt. Entgegen des Europarechts gelten gemeinsam genutzte Anlagen weiterhin als Stromlieferungen und sind dadurch deutlich komplexer. Wir fordern die explizite Einführung der gemeinsamen Eigenversorgung.

  • Mit einem Entschließungsantrag werden viele Weiterentwicklungen des EEGs in die Zukunft verschoben. Somit bleibt das EEG 2023 Stückwerk und verkennt die riesige Herausforderung des Klimaschutzes - gerade angesichts der multiplen Energiekrisen. Insbesondere mangelt es immer noch an der Bereitschaft, Genehmigungen für Windenergieanlagen massiv zu vereinfachen sowie die bürokratischen Fesseln für die Solarenergie komplett zu lösen.

  • Das EEG erhöht die Ausbauziele zwar deutlich - will aber nur 80 Prozent erneuerbaren Strom bis 2030 erreichen. Um das 1,5 Grad-Ziel einzuhalten, halten wir weiterhin 100 Prozent Erneuerbare Energien in allen Sektoren bis 2030 für geboten. Dass nun LNG-Terminals gebaut werden, Atom und Gas als grün etikettiert werden und die Bundesregierung Gasbohrungen weltweit fördern will, ist eine klimapolitische Katastrophe. Die volle Aufmerksamkeit sollte allein dem Ausbau der Erneuerbaren Energien und dem Ausstieg aus allen fossilen Energiequellen gewidmet werden.

Wir bleiben weiter aktiv, damit die Bundesregierung Energy Sharing und die gemeinsame Eigenversorgung einführt. Dies werden wir beispielsweise mit Lisa Badum (MdB Bündnis 90/Die Grünen), Markus Hümpfer (MdB SPD) und Konrad Stockmeier (MdB FDP) auf unserem Bürgerenergie-Konvent diskutieren. Seid bei diesem spannenden Event dabei.