Energieministerrat in Brüssel verkennt die zentrale Rolle der Bürgerenergie in der Energiewende

Brüssel, 19.12.2017. Bei ihrem gestrigen Treffen haben die Energieminister der EU-Mitgliedsstaaten Kernelemente des sogenannten Winterpakets, eines umfassenden Gesetzgebungspaketes für die europäische Energiepolitik, verhandelt.

Anstatt die Teilhabe von Bürgerinnen und Bürgern in Bürgerenergiegesellschaften zu stärken, betont die Einigung im Sinne einer vorgeblichen „Verbraucherorientierung“ die Kosten, welche durch Bürgerenergiegesellschaften für das Energiesystem entstünden. Der Energieministerrat verwässert damit die Vorschläge der EU-Kommission, die eine deutliche Stärkung von Bürgerenergiegesellschaften und ProsumentInnen bedeutet hätten- dem Pariser Klimaabkommen, dem wachsenden Bewusstsein von der Dringlichkeit des Klimawandels und des anhaltenden Erfolgs von Bürgerenergiegesellschaften zum Trotz. Zugleich ist das Ausbauziel von 27% Erneuerbarer bis 2030 (über alle Sektoren gerechnet) zu wenig ambitioniert und kaum von einem „Business as usual“-Szenario zu unterscheiden.

Es kommentiert Dirk Vansintjan, Präsident unseres europäischen Partners REScoop.eu: „Studien haben gezeigt, dass um 2050 ungefähr 45% der Haushalte in der EU an der Produktion erneuerbarer Energie beteiligt sein könnten, zu einem Drittel in Bürgerenergiegesellschaften. Das ist eine riesige Chance für lokale und regionale wirtschaftliche Entwicklung, denn Erneuerbare-Energie-Projekte im Besitz der lokalen Bevölkerung sind um ein Vielfaches wertvoller für die Entwicklung vor Ort als Projekte im Besitz externer Investoren. Zudem haben diverse Bürgerenergieprojekte in Europa nachhaltige Konzepte zur Bekämpfung von Energiearmut entwickelt –ein Problem, das eigentlich zu den größten Sorgen der EU-Politiker zählen sollte.“

REScoop.eu und das Bündnis Bürgerenergie sind enttäuscht angesichts der gestrigen Einigung. Der Energieministerrat verfehlt damit das Ziel, einen klaren und robusten Rechtsrahmen für die Bürgerenergie und damit die Teilhabe der BürgerInnen an der Energiewende zu schaffen. Während BürgerInnen, Bürgerenergieprojekte und viele Kommunen in der EU ihren großen Beitrag zur Energiewende leisten, versagen die Mitgliedsstaaten diesen Akteuren die Unterstützung durch ein faires regulatorisches Framework. Dieses Missverhältnis wird die dringend notwendige Transformation hin zu Energiedemokratie und einer gerechten, sauberen Energieunion leider deutlich verlangsamen.

Falls diese vorläufige Einigung der Energieminister am 26. Februar 2018 bestätigt wird, beginnen damit die Verhandlungen mit dem EU-Parlament und der Kommission über das gesamte Winterpaket, der sogenannte Trilog. Parlament und Kommission kommt nun die Aufgabe zu, die Rechte von Bürgerenergieprojekten und ProsumentInnen gezielt zu stärken.

 Redaktioneller Hinweis: Diese Meldung beruht auf einer Übersetzung der Pressemitteilung von Rescoop.eu.

Hinweis: In dem von uns in Auftrag gegebenen "Impulspapier Bürgerstromhandel" zeigt das Institut Energy Brainpool, wie Stromhandel zwischen Bürgerenergie-Akteuren mit wenigen regulatorischen Änderungen möglich würde. Lesen Sie hier das Impulspapier.